Exemplarität und Einbildungskraft. Call for Abstracts für Panels auf der XI. Tagung für Praktische Philosophie am 19.-20. September 2024 in Passau

Deadline: 01.04.2024

Im Handeln und Urteilen spielen Beispiele eine nicht unerhebliche Rolle. Dabei haben wir es stets mit einer Vermittlung zwischen Besonderem und Allgemeinen zu tun. Gleichwohl lassen sich zwei gegenläufige Funktionen ausmachen: Während das Beispiel einerseits eine rein illustrative Funktion haben kann, die der Veranschaulichung eines Allgemeinen dient, kann es andererseits auch eine exemplarische Funktion haben, insofern es ein Allgemeines zum Ausdruck bringt, das sich (noch) nicht in einer Regel fassen lässt. Am Exempel besteht in jüngerer Zeit gerade auch innerhalb der Moralphilosophie und der politischen Philosophie ein wachsendes Interesse (siehe etwa Archer/Metheson 2021, Beran 2021, Boehm 2022, Cherry 2017, Croce 2020, Ferrara 2008, Naumann 2020, Vaccarezza 2020 und Zagzebski 2017). Diese Entwicklung wollen wir aufgreifen und dabei auf die Beziehung zwischen derjenigen Person, an der jemand sich ein Beispiel nimmt, und derjenigen Person, die als Exempel gilt, fokussieren. 

Um sich ein Beispiel nehmen zu können, sind bestimmte Fähigkeiten erforderlich: Urteilskraft, um etwas – einen Charakter, ein Verhalten, ein Muster – als exemplarisch zu erkennen wie auch die Fähigkeit zur Abstraktion und Analogiebildung im Sinne der Übertragung eines Sachverhalts oder Verhaltens auf einen anderen Kontext. Vor allem aber benötigt man, um sich ein Beispiel zu nehmen, Einbildungskraft. Denn diese befähigt uns, im Sinne der Standpunktübernahme an der Stelle eines anderen zu denken (KU 05: 294 f.) und uns etwas Kontrafaktisches vorzustellen. Doch was sich jemand angesichts seiner sozialen Situiertheit vorstellen kann, prägt, wer ihm als Beispiel dienen kann und andersherum, entscheiden politische und soziale Kontexte darüber, wer als Beispiel gelten kann. Dieser Zusammenhang zwischen Einbildungskraft und Exemplarität wurde in der philosophischen Debatte um Exemplarität jedoch wenig thematisiert. Nimmt man diesen Befund ernst, so stellt sich die Frage, was daraus für Handeln und Urteilen folgt. Der Themenkomplex berührt somit Debatten um Hegemonie und Marginalisierung und die Frage danach, ob diese Strukturen durch den Verweis auf Exempel verschleiert und perpetuiert werden oder ob sie das Potenzial bieten, diese aufzubrechen. 

Vor diesem Hintergrund freuen wir uns über Einreichungen u.a. zu folgenden Fragenkomplexen:

  • Welche historischen Ansätze (beispielsweise Kant oder Arendt) lassen sich für gegenwärtige Diskurse um Exemplarität fruchtbar machen? Inwiefern lassen sich dort Bezüge zwischen Exemplarität und Einbildungskraft ausmachen, an die man anknüpfen kann?
  • (Wie) lassen sich Beispiel und Exempel voneinander unterscheiden? Welche Funktion(en) erfüllen sie in Theorie und Praxis? Welchen Beitrag leisten sie zu moralischem Wissen und Verstehen? 
  • Welche kognitiven Praktiken sind erforderlich, um sich ein Beispiel zu nehmen? Welche Rolle spielt insbesondere die Einbildungskraft? Inwiefern ist diese durch soziale Kontexte geprägt? Spielen Ähnlichkeit und Identifikation eine Rolle dabei, wen man sich zum Beispiel nehmen kann? 
  • Welche Rolle sollten Beispiele und Exempel in unserem Urteilen und Handeln spielen – gerade auch angesichts des Umstandes, dass sie mitunter durch Stereotype und Vorurteile informiert sind und dazu beitragen, diese zu perpetuieren? Inwiefern dient vor allem deren Appellcharakter dem Ausdruck und der Durchsetzung gesellschaftlicher Machtverhältnisse und Normvorstellungen? Liegt umgekehrt in der Wahl alternativer Vorbilder auch ein subversives Potenzial?
  • Woran kann und woran soll man sich ein Beispiel nehmen? “Darf” man sich jede Person als Beispiel nehmen? Welche Voraussetzungen muss eine Person erfüllen, damit ihr Handeln beispielhaft ist und welche, damit es als beispielhaft anerkannt wird? Worin liegen die Bedingungen der Sichtbarkeit eines Vorbilds?  

Anonymisierte Abstracts (max. 500 Wörter) für einen Vortrag von 20 Minuten werden bis 1. April 2024 erbeten an: katharina.naumann@ovgu.de . Über Zu- und Absagen werden wir zeitnah informieren.

Informationen

Beginn
19.09.2024

Ende
20.09.2024

Ort
Passau

Veranstalter
Universität Passau

E-Mail Veranstalter
katharina.naumann@ovgu.de

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