Philosophie und Diversität


Initiativen, Netzwerke, Programme, Ressourcen, Anlaufstellen

von Corinne Kaszner (zuletzt bearbeitet: März 2024)


Die hier bereitgestellte Sammlung ist als erster Aufschlag zu verstehen und soll kontinuierlich ergänzt und erweitert werden.
Wir freuen uns über Ihre Hinweise und Ergänzungen an die Sprecherinnen der Vorstands-AG Philosophie und Diversität


Hier erhalten Sie Informationen und Links zu Initiativen, Netzwerken und Programmen, die die Anliegen unterrepräsentierter und von Diskriminierung getroffener Gruppen in der Philosophie sichtbar machen, gegen diskriminierende Strukturen in der Philosophie vorgehen und/oder zur Förderung von Diversität in der Philosophie beitragen wollen. Sie finden zudem Links zu Materialsammlungen und Informationsseiten zum Thema „Philosophie und Diversität“, eine Übersicht möglicher Anlaufstellen zu den Themen Diskriminierung und Inklusivität an Hochschulen sowie Literaturempfehlungen zum Thema Inklusive Hochschule und Hochschuldidaktik.

    Initiativen zur Förderung der Sichtbarkeit und Belange unterrepräsentierter Gruppen in der deutschsprachigen Philosophie

    Strukturelle Diskriminierung und der Ausschluss von Personen aufgrund ihrer (zugeschriebenen) sozialen Gruppenzugehörigkeit hat immer auch zur Folge, dass bestimmte Perspektiven und Erfahrungen unsichtbar bleiben und die Belange von Personen individualisiert und in den Bereich der Eigenverantwortung verschoben werden. Die nachfolgenden Initiativen widmen sich explizit der Vernetzung, Unterstützung und Sichtbarmachung unterrepräsentierter und strukturell von Ausschluss getroffener Gruppen in der Philosophie.

    • Society for Women* in Philosophy: SWIP e.V. dient der Vernetzung und solidarischen Unterstützung von Frauen* in der Philosophie bzw. von Philosoph*innen, die in akademischen Zusammenhängen tätig sind. Aktivitäten der SWIP umfassen etwa: die Bereitstellung von Informationen für Frauen* in der Philosophie; eine Mailingliste zum Austausch relevanter Informationen, Stellenausschreibungen etc.; Networking; Mentoring; Konferenz-/Tagungsorganisation; die Förderung feministischer Perspektiven in der Philosophie und Sensibilisierung für vergangene und gegenwärtige Ausschlüsse von Frauen* in der Philosophie(-geschichte). Die entsprechenden Zusammenschlüsse existieren in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Society for Women* in Philosophy GermanySociety for Women in Philosophie AustriaSociety for Women* in Philosophy Switzerland (SW*IP CH)
    • #FirstGenPhilosophers – Philosophie in erster Generation: Bei der Initiative #FirstGenPhilosophers geht es um die Erfahrungen und Perspektiven von Philosoph:innen mit nicht-akademischem (familiären) Hintergrund. Die Initiative umfasst den Erfahrungs- und Perspektivenaustausch auf einem Blog, stellt Informationen, Artikel und Studien zum Thema bereit und organisiert Austauschforen, wie etwa beim Kongress der Gesellschaft für Analytische Philosophie.
    • Kritische Theorie(n) pluralisieren: Bei der Webseite handelt es sich um eine Plattform zum Austausch von Seminarplänen, die sich für eine pluralere Vermittlung kritischer Theorien im Kontext der Hochschullehre einsetzt. Ziel der Plattform ist es, Dozierenden, Studierenden und Aktivist*innen die Möglichkeit zu geben, von den Ideen und Erfahrungen der anderen zu lernen und so zur Pluralisierung von Seminaren im Bereich kritischer Theorien beizutragen.
    • Netzwerk Trans*philosophie (weitere Informationen folgen)
    • E-mail-Verteiler „Philosophie und Rassismus“: Im Nachgang zur Tagung „Philosophie und Rassismus“, die im Oktober 2022 an der Universität Münster stattfand, wurde ein moderierter E-mail-Verteiler eingerichtet. Der Verteiler dient der nachhaltigen wissenschaftlichen Vernetzung und dem Austausch über Veranstaltungen, Publikationen, Links etc. zu diesem Themenfeld. (Link zur Anmeldung)
    • Darüber hinaus könnten auch folgende, für Angehörige aller Fächer offenstehende Initiativen von Interesse sein:
    • Erste Generation Promotion e.V.: „Erste Generation Promotion – EGP e. V.“ ist eine Initiative von Promovierenden und Absolvent*innen der Universität zu Köln. Im Zentrum der Tätigkeiten steht ein Beratungs- und Vernetzungsangebot, das Masterstudierenden und Doktorand*innen aus ganz Deutschland und dem Ausland offensteht.
    • Forum Decolonizing Academia: Das Forum „Decolonizing Academia“ ist eine von Studierenden und Lehrenden der Universität zu Köln gegründete, unabhängige Initiative, die sich für die Sichtbarmachung, Erforschung und Aufhebung von kolonialen und rassistischen Strukturen und Denkweisen an der Universität zu Köln und darüber hinaus einsetzt. Das Forum steht allen offen und soll eine möglichst breite Vielfalt an Positionen und Perspektiven abbilden.

    Material-, Ressourcensammlungen und Best Practice Guides

    Im englischsprachigen Raum, insbesondere in den USA, widmen sich verschiedene Initiativen schon seit vielen Jahren Fragen von Chancengleichheit und Diversität und haben Informationen, Materialien und Strategien zur Förderung unterrepräsentierter Gruppen in der Philosophie gebündelt sowie Best Practice Guides für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auch für den deutschsprachigen Raum gibt es erste Ansätze in diese Richtung, auch mit Blick auf den Umgang mit gewaltvollen Traditionen in der Philosophiegeschichte. Nachfolgend finden Sie einige Beispiele.

    • American Philosophical Association – Resources on Diversity and Inclusiveness: Die APA ist der größte Dachverband für Philosophie in den USA und erfüllt eine ähnliche Funktion wie die Deutsche Gesellschaft für Philosophie e.V. Auf den Seiten der APA finden sich zahlreiche Informationen zu den Themen Diversität und Inklusivität in der Philosophie. Die Materialien umfassen Literaturlisten zum Thema, Best Practice Guides, Statistiken, Seminar- und Lehrpläne und vieles mehr.
    • Minorities and Philosophy (MAP): MAP ist eine weltweit agierende Initiative, die strukturelle Ausschlüsse in der akademischen Philosophie adressiert und deren Ziel es ist, Barrieren für marginalisierte Gruppen in der Philosophie abzubauen. MAP ist eine Graswurzel Organisation unter der Leitung von graduate students und verfügt inzwischen über ca. 160 Zweigstellen in unterschiedlichen Ländern der Welt. Aktivitäten der Initiative umfassen die Bereitstellung von Ressourcen, das Organisieren von Treffen und Veranstaltungen wie auch die Förderung von unterrepräsentierten und marginalisierten Personen in der Philosophie.
    • The Philosophy Exception (University of British Columbia): „The Philosophy Exception“ stellt eine durchsuchbare Datenbank zur Sammlung von Beiträgen und Debatten zu den Themen Gleichheit, Inklusivität und Diversität in der Philosophie bereit. Der Fokus liegt dabei auf englischsprachiger (zumeist wissenschaftlicher) Literatur, soll jedoch perspektivisch um internationale Beiträge erweitert werden.
    • Webseite Diversität & Inklusion in der Philosophieder Universität Wien: Auf der Webseite finden sich hilfreiche Ressourcen und Materialien, die dabei unterstützen sollen, unterrepräsentierte Gruppen (mit Fokus auf weibliche Philosophinnen) in der Philosophie sichtbarer zu machen. Schwerpunkte bilden die Bereitstellung von Leselisten, Hilfestellungen für eine inklusivere Lehre sowie allgemeine Literaturhinweise zum Thema Chancengleichheit im akademischen Bereich.
    • „Wie umgehen mit Rassismus, Sexismus und Antisemitismus in Werken der klassischen Deutschen Philosophie?“: Das Forschungsprojekt „Wie umgehen mit…?“ (2022-2027, Koselleck-Projekt der DFG, Friedrich-Schiller-Universität Jena) befasst sich mit Rassismus, Sexismus und Antisemitismus (RSA) in Werken der klassischen Deutschen Philosophie. Das Projekt setzt sich zum Ziel, die begonnene (selbst-)kritische Auseinandersetzung der Philosophie mit RSA in der eigenen Tradition, in etablierten akademischen Praxen und zentralen Begriffen, mit den Mitteln und Methoden der Philosophie differenziert fortzusetzen.

     

    Literaturlisten und Seminarpläne mit Diversitätsfokus (englischsprachig)

    Mentoringprogramme zur Förderung von Gleichstellung

    Mentoring ist ein Instrument der systematischen Personalentwicklung und Nachwuchsförderung. Es bezeichnet zumeist einen persönlichen, hierarchisch unabhängigen Erfahrungsaustausch zwischen einer erfahrenen Person (Mentor:in) und einer weniger erfahrenen Person (Mentee). Mentoringprogramme für unterschiedliche Personengruppen sind inzwischen an den meisten Universitäten und Hochschulen verankert. Diese richten sich entweder an alle Studierende in Bezug auf ihre jeweiligen Qualifikationsstufen (Angebote für Masterstudierende, Doktorand:innen, Post-Docs, …), sie werden jedoch auch oft zur gezielten Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen eingesetzt. Vereinzelt finden sich auch Mentoringprogramme für internationale Studierende.

    Eine breite, jedoch nicht vollständige Übersicht der an deutschen Universitäten und Hochschulen existierenden Mentoringprogramme bietet der Deutsche Hochschulverband.
    Darüber hinaus kann es lohnend sein, sich über die vorhandenen Mentoringprogramme an der eigenen Universität oder Hochschule zu informieren. Auskunft geben zumeist der:die Gleichstellungsbeauftragte oder die Career Services.

    Weiterbildung, Trainings, Workshops: Strukturelle Diskriminierung und Diversität im Hochschulbereich

    Im Rahmen von Programmen zur Förderung von Gleichstellung und Inklusivität an Hochschulen ist es möglich, Weiterbildungen und Workshops zu den Themen strukturelle Diskriminierung, Inklusivität und Diversität für Mitarbeitende aller Statusgruppen und Studierende anzufragen. Darüber hinaus existieren Weiterbildungsangebote eigens für inklusive und diversitätsgerechte Lehre. Angebote für den Hochschulbereich finden sich beispielsweise bei:

    Institut Social Justice & Radical Diversity:  Das Institut bietet Workshops und Seminare zu einer Vielzahl von Diskriminierungsformen an. Ziel aller Formate ist die Verknüpfung von Diversity mit der Analyse und Kritik struktureller Diskriminierung, um davon ausgehend in den jeweiligen Kontexten Handlungs- und Veränderungsstrategien zu entwickeln. Die Grundlage der Workshops bildet die dialogische Methode „Mahloquet“ (hebräisch für: dialogisches Streitgespräch). Formate für den Hochschulbereich verbinden die thematische Auseinandersetzung mit Social Justice und Diversity bzw. einzelnen Diskriminierungsformen mit Elementen der Organisationsentwicklung.

    SWIP Germany:  Das Seminarangebot von SWIP Germany möchte einen Beitrag zum Abbau struktureller Ungerechtigkeit in der akademischen Welt leisten. Hierbei sollen ein Bewusstsein für strukturelle Diskriminierung geschaffen und individuelle Handlungsspielräume aufgezeigt werden. Das Angebot will außerdem dabei unterstützen, gemeinsame Vorgehensweisen und Gepflogenheiten zu etablieren, die einem inklusiven Klima förderlich sind.

    Weiterbildungen zu diversitätsgerechter Lehre und Seminargestaltung: Weiterbildungen zur diversitätsgerechten Lehre werden zuweilen von den Career Services der einzelnen Hochschulen angeboten. Es kann hilfreich sein, sich direkt vor Ort über entsprechende Angebote zu informieren.

    Unterstützung, Beratung und Informationen zu Fragen von Diskriminierung, Inklusion, Gleichstellung und Diversität

    Universitäten und Hochschulen verfügen über eine Reihe von Anlauf- und Beratungsstellen, an die Sie sich bei Fragen rund um das Thema Inklusion und Diversität, wie auch in Fällen erlebter oder beobachteter Diskriminierung wenden können:

     

    • Antidiskriminierungsbeauftragte (Fragen zu allen Diversitätskategorien und zu Beschwerdeverfahren im Fall erfolgter Diskriminierung)
    • Zentrale und Dezentrale Gleichstellungsbeauftragte (Fragen zu Geschlechtergerechtigkeit, Gender Mainstreaming u. A.)
    • Inklusionsbeauftragte (meist zum Thema Behinderung)
    • Familienservice/ Familienbeauftragte
    • Ggf. entsprechende Referate des Asta
    • Ggf. Autonome Referate und/ oder Beratungsstellen für ausländische Studierende
    • Psychotherapeutische Beratung der Universität/ Hochschule
    • Ggf. Vertrauensperson/ Meldestelle für sexualisierte Belästigung und Gewalt
    • Allgemeine Studienberatung

    Weiterführende Literatur

    Inzwischen existiert eine Vielzahl von Publikationen zum Themenfeld Diversität und Inklusivität im Hochschulbereich sowie für den Bereich der Lehre und Seminargestaltung. Einige Empfehlungen für die Umsetzung inklusiver Praxen spezifisch für den Kontext der (institutionalisierten) Philosophie haben wir zudem im Rahmen der AG Philosophie und Diversität erarbeitet.  Die nachfolgenden Literaturhinweise können der vertiefenden oder weiterführenden Beschäftigung mit dem Thema dienen.