Universitäten im 21. Jahrhundert – Herausforderungen, Chancen und Best Practices

Deadline: 14.06.2024

Die Universitäten und Institutionen der tertiären Bildung stehen vor einer bislang unbekannten Entwicklung, denn während „die Zahl der Studienanfänger*innen im ersten Hochschulsemester bis zum Wintersemester 2011/12 steil angestiegen“ sind und anschließend auf relativ hohem Niveau stagnierte, nehmen die Studienanfängerzahlen seit dem Wintersemester 2019/20 kontinuierlich ab (CHE 2023). Die Verluste ziehen sich dabei durch quasi alle Fachbereiche bzw. Fachrichtungen. Besonders betroffen scheinen dabei die staatlichen Hochschulen/ Universitäten zu sein, denn „[s]ie verzeichnen demnach Verluste von rund 42.000 im Vergleichszeitraum; büßen also rund 10 Prozent ihrer bisherigen Anzahl an Studienanfängerinnen und -anfängern ein“ (Spiegel 2023), wohingegen private Hochschulen und Fachhochschulen zu den Gewinnern dieser Entwicklung zu zählen scheinen. Diese Negativtendenz wird nochmals expliziter, bedenkt man, dass die jüngsten Entwicklungen bereits die gestiegenen Zahlen aufgenommener ausländischer Studierender sozusagen ‚eingepreist‘ haben – eine Entwicklung, die sicherlich begrüßenswert ist und deutsche Hochschulen internationalisieren wird, auf Dauer aber keineswegs eine nachhaltige Lösung bzw. kein nachhaltiger Umgang mit der heimischen Studierendenflaute sein kann.

Damit sieht sich der Bereich der tertiären Bildung mit einer bislang unbekannten Situation konfrontiert, denn auch auf längere Sicht – bspw. von 1947 bis 1990 (vgl. DeStatis) – kannten die Studierendenzahlen lediglich eine Tendenz: Bergauf. Auch der im Moment häufig aufgerufene Erklärungsansatz der multiplen Krisen scheint zu kurz zu greifen, vergleicht man die gegenwärtigen Krisen mit denen der Vergangenheit, die sich nicht merklich auf die Studierendenzahlen ausgewirkt haben (z.B. die Ölkrise 1973, der Kalte Krieg oder die Akademikerarbeitslosigkeit der 1980er und frühen 1990er Jahre). Auf Basis der bislang gemachten Beobachtungen kann daher durchaus behauptet werden, dass der Besuch der staatlichen Universität für junge Menschen nicht mehr als der Standardmodus bzw. die Standardeinstellung angenommen werden kann. Ebenso kann angenommen werden, dass die Universitäten nicht mehr – zumindest aber nicht mehr in gleicher qualitativer Ausprägung – als der Ort persönlicher Entfaltung und professioneller Entwicklung wahrgenommen werden. Diese Tendenzen werden verschärft durch Kritik von vielfältigen Seiten und Akteuren, die die Nützlichkeit von universitärer Bildung zunehmend in Frage stellen und Alternativen (z.B. Onlineangebote und -kurse) als zielführender, kostengünstiger oder sinnvoller erachten. Dabei scheint es sich um eine Dynamik zu handeln, die besonders durch die Verlagerung universitärer Lehre in den digitalen Raum im Rahmen der Covid-19-Pandemie an Momentum gewonnen zu haben scheint.

Das hier angedeutete Geflecht aus Interessenlagen, Gegenwartsdiagnose und Studierendenverhalten möchte dieser Band zum Anlass nehmen, um grundsätzlicher über universitäre Bildung im 21. Jahrhundert nachzudenken, wobei eine dreigeteilte Struktur vorschlagen wird:

(1)    Problemmarkierungen: Was sind gegenwärtig zentrale Problemlagen, die universitäre Bildung belasten und wie lassen sich diese theoretisch und/oder empirisch beschreiben, kategorisieren, kontextualisieren und erklären.

(2)    Reformbedarfe: Ähnlich wie die Problemmarkierungen sollen hier Problemlagen kurz dargestellt bzw. skizziert werden. Auf Basis theoretischer Überlegungen und empirischer Grundlagen (bzw. Extrapolationen ebendieser) sollen Reformbedarfe illustriert und argumentative unterfüttert werden

(3)    Best Practices: Welche bereits erprobten Szenarien, Settings, Werkzeuge etc. existieren, um ausgewählte Probleme zu adressieren?

Der selbsterklärte Wunsch des Bandes ist es, breitere Überlegungen darüber anzustellen, was am gegenwärtigen Modus des universitären Arbeitens, Lehrens und Lernens problematisch zu sein scheint und wie Verbesserungen des Status Quo aussehen bzw. herbeigeführt werden könnten. Beiträge können sowohl aus einzelnen Fächern/ Disziplinen stammen und ‚kleinere‘ Probleme bzw. Veränderungen adressieren, wie auch übergeordnete Strukturen, Prozesse, Abläufe oder Dynamiken thematisieren. Gleiches gilt für die thematische Bandbreite, so können Beiträge einzelne Schieflagen von Universitätsbeschäftigten und/oder Studierenden(sub)populationen ansprechen, wie auch übergeordnete Fragestellungen als Ausgangspunkt nehmen.

Wir erbitten Beitragsvorschläge (ca. 1 Seite) unter Angabe biographischer Angaben, die sich explizit in einem der drei oben skizzierten Bereiche verorten. Bitte übermitteln Sie ihren Beitragsvorschlag bis zum 14.06.2024 an folgende Emailadresse: kim.walla@uni-bielefeld.de

Es ist geplant, Ihnen innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der Einreichfrist Rückmeldung zu ihrem Beitragsvorschlag zukommen zu lassen. Vollbeiträge (ca. 50.000 Zeichen, inkl. Literatur) von positiv begutachteten Abstracts werden voraussichtlich bis zum Ende des Jahres erwartet, sodass der Band in der zweiten Hälfe 2025 dem Verlag übergeben werden kann.

Verweise/ Literatur

CHE (2023). Sinkende Zahl an Studienanfänger*innen – eine Detailbetrachtung für Orte und Studienbereiche. [Link: https://hochschuldaten.che.de/sinkende-zahl-an-studienanfaengerinnen-eine-detailbetrachtung-fuer-orte-und-studienbereiche/]

DeStatis (2023). Anzahl der Studenten an Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland in den Wintersemestern von 1947/48 bis 1989/90 [Link: de.statista.com/statistik/daten/studie/1113491/umfrage/anzahl-der-studenten-an-deutschen-hochschulen/]

Spiegel (2023). In Deutschland sinkt die Zahl der Studienanfänger [Link: www.spiegel.de/panorama/bildung/studium-in-deutschland-sinkt-die-zahl-der-studienanfaenger-a-c548f19e-29d3-45e4-8f21-637a90ba995d]

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