Sprache und Aussersprachlichkeit. Ist alles Sein, das verstanden werden kann, Sprache?

Deadline: 15.04.2023

Vom 6.-7. Oktober 2023 findet in Zürich die 8. Jahrestagung des Netzwerks Hermeneutik Interpretationstheorie (NHI) statt.

Zum Thema

Keine der mittlerweile zahlreich proklamierten ‘Wenden’ hat nachhaltig die gleiche Berühmtheit erlangt wie der von Richard Rorty 1967 beschriebene ‘linguistic turn’. Zunächst mit der analytischen Philosophie des 20. Jahrhunderts verknüpft, lässt sich anhand des Begriffs eine Hinwendung zur Sprache beschreiben, die in verschiedenen Strömungen der Philosophie sowie anderen Disziplinen beobachtbar ist und sich bereits bei Denkern der Aufklärung abzeichnet. Wenn auch das Problem der Sprache selbst älter ist als die Philosophie, die Zuspitzungen, die es im letzten Jahrhundert erfahren hat, begleiten uns bis in die Gegenwart, nicht zuletzt auch in der Hermeneutik.

Schriftlich fixierte sprachliche Äusserungen bilden seit jeher den Hauptgegenstand hermeneutischer Bemühungen. Denker wie Hans-Georg Gadamer hat das zur These geführt, das Sprachverstehen sei nicht nur Paradigma für Verstehen, sondern Sprachlichkeit mache überhaupt den Charakter des hermeneutischen Gegenstandes aus. Wer die Universalität der Hermeneutik aufgrund der sprachlichen Konstituiertheit der Welt behauptet, wird aber erklären müssen, inwiefern Erfahrungen, die wir zumindest nicht primär als sprachlich ansehen – ästhetische Erfahrungen von Kunst in Musik, Bildern oder etwa praktische Fähigkeiten, die ohne sprachliche Artikulation Anwendung finden –, in denen es aber zum Verstehen kommt, sprachlich verfasst sind.

Gehen wir hingegen davon aus, dass der Sprache Grenzen gesetzt sind, stellt sich zugleich die Frage nach den Grenzen unseres Verstehens. Einerseits hinsichtlich der Sprachlichkeit des Verstehens selbst, andererseits im Blick darauf, ob sich erarbeitete Verstehensbedingungen und Interpretationsmethoden einer allgemeinen Hermeneutik überhaupt auf aussersprachliche Phänomene beziehen lassen.

Über dieses Problemfeld als Ganzes hinaus könnten u.a. die folgenden Aspekte von Interesse sein:

-        Wo wurden Annäherungsversuche zwischen Hermeneutik und Sprachphilosophie vorgenommen und wie lassen sich hermeneutische Bemühungen weiter mit verschiedenen Strömungen der Sprachphilosophie – analytisch, (post-)strukturalistisch, pragmatisch, sprachkritisch, u.a. – in Verbindung bringen?

-        Welche Bedeutung haben die empirischen Befunde der Psycho- und Neurolinguistik für hermeneutische Sprachkonzepte?

-        Wo greifen herkömmliche Sprachkonzepte hinsichtlich der Digitalität der gegenwärtigen Medienlandschaft zu kurz, wie wird diese in die hermeneutische Theorie und Praxis miteinbezogen?

-        Inwiefern kann von nichtmenschlichen Gegenständen als Objekten des Verstehens die Rede sein?

Für die Tagung laden wir zu Beiträgen zu diesen und ähnlich grundlegenden Aspekten ein. Proposals (maximal 2’500 Zeichen, inkl. Leerzeichen) können bis zum 15. April 2023 unter folgender Adresse eingereicht werden: michaelnathan.goldberg@uzh.ch. Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge!

Die Kosten für die Referierenden der Tagung können übernommen werden. Die Beiträge werden, vorbehaltlich positiver Begutachtung, in der Buchreihe des Netzwerks (Hermeneutik und Interpretationstheorie, Verlag Schöningh/Brill, Paderborn) veröffentlicht. Bei Interesse an einer Tagungsteilnahme bzw. an der Arbeit des Netzwerks melden Sie sich bitte gleichfalls unter der genannten Adresse.

Christiane Tietz, Vorsitzende NHI

Michael N. Goldberg, Koordinator NHI

Informationen

Beginn
06.10.2023

Ende
07.10.2023

Ort
Institut für Hermeneutik und Religionsphilosophie, Universität Zürich

Veranstalter
Institut für Hermeneutik und Religionsphilosophie

E-Mail Veranstalter
michaelnathan.goldberg@uzh.ch

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