Sommerschule "Natur und Geist in der klassischen deutschen Philosophie (Kant, Hegel, Hölderlin, Marx)"

Deadline: 01.04.2023

Vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Revolution der Neuzeit gehen einschlägige Ansätze der klassischen deutschen Philosophie im Anschluss an Kant davon aus, dass sich Natur nicht in dem erschöpft, was sich naturwissenschaftlich von ihr erkennen lässt. Angesichts der Vielfalt menschlicher Naturverhältnisse, deren Unterschiede und Beziehungen philosophisch zu reflektieren sind, besteht Bedarf an einer Naturphilosophie, die naturwissenschaftliche Erkenntnisansprüche zugleich legitimiert und kritisch beschränkt. Insofern Natur ein Reflexionsbegriff ist, der nur als Glied von Begriffspaaren wie Natur/Wissenschaft, Natur/Technik, Natur/Kunst oder Natur/Gesellschaft Sinn ergibt, verhalten sich Menschen zur Natur nicht einfach als einem von ihm unabhängigen Spielraum der Dinge und Ereignisse, sondern menschliche Naturverhältnisse sind wesentlich zugleich Verhältnisse der Menschen zu sich selbst.

Jenseits unserer wissenschaftlichen  und instrumentellen Einstellungen zur Natur als Zusammenhang gesetzlich geregelter Phänomene bildet unser ästhetisches Naturverhältnis nach Kant einen Zwischen-Raum, in dem natürliche Gegebenheiten und menschliche Tätigkeiten derart zusammenspielen können, dass ihre schöpferische Passung ebenso wie die Fragilität dieser Passung sinnlich-lustvoll erlebbar werden. Hölderlin vertieft diese Perspektive poetisch und poetologisch, indem er den Kulturprozess nicht einfach als menschliche Bemächtigung der Natur darstellt, sondern als tätige Verlängerung eines natürlichen Bildungsgeschehens, das untergründig an seine nicht-gemachten Vorgaben zurückgebunden bleibt. Hegel arbeitet heraus, dass es Leben und Geist nur in Rückbindung an eine Erde als einen durch atmosphärische Kreisläufe geprägten, von vernünftigen und nicht vernünftigen Lebewesen bewohnten Planeten geben kann. Marx‘ darstellende Kritik der bürgerlichen Ökonomie macht schließlich deutlich, dass die kapitalistische Weise des Wirtschaftens nicht nur soziale Ungleichheit festschreibt, sondern zugleich dazu tendiert, die irdisch-natürlichen Grundlagen des Wirtschaftens und Wohnens zu untergraben.

Im Rahmen der Sommerschule sollen Kants, Hegels, Hölderlins und Marx‘ Konzeptionen des Verhältnisses von Natur und Geist anhand der gemeinsamen Lektüre und Diskussion exemplarischer Primärtexte vergleichend erschlossen werden, um das Potential ihrer Ansätze für eine tragfähige Reflexion menschlicher Verhältnisse zur irdischen Natur angesichts der ökologisch-sozialen Herausforderungen der Gegenwart zu erkunden. Neben der gemeinsamen Arbeit an den Texten bietet die Sommerschule zugleich Gelegenheit zum intensiven Austausch mit Experten, die sich mit Gastvorträgen oder Unterrichtseinheiten an der Sommerschule beteiligen.

Textgrundlage: Auszüge aus Kants Kritik der Urteilskraft, aus Hegels enzyklopädischer Naturphilosophie, Hölderlins Rheinhymne und Pindar Fragmente, Auszüge aus Marx‘ Grundrissen zur Kritik der politischen Ökonomie und aus dem 1. Band des Kapitals.

Leitung der Sommerschule: Prof Dr. Christian Martin (Uni Stuttgart)

Mitwirkende Gastdozenten: Dr. Florian Ganzinger (Uni Stuttgart), Dr. Johannes-Georg Schülein (Uni Bochum), PD Dr. Wolfram Ette (LMU München), Dr. Lukas Lutz (Hochschule Osnabrück)

Termin: von Mittwoch 26. 7. um 9:30 bis Sonntag 30. 7. um 13 Uhr

Veranstaltungsort: Institut für Philosophie der Universität Stuttgart, Seidenstraße 36

Kosten für die Teilnehmenden: keine

Teilnehmerkreis: Masterstudierende und Promovierende im Fach Philosophie. Bewerbungen weiblicher Studierender und Promovierender sind besonders willkommen.

Auswahl der Teilnehmenden: Die Teilnehmerzahl ist auf 25 beschränkt. Die Auswahl erfolgt auf Grundlage eines 1-2 seitigen Motivationsschreibens der Interessent*innen.

Bewerbung: bis spätestens 1. 4. 23 per Email an christian.martin@philo.uni-stuttgart.de

Informationen

Beginn
26.07.2023 - 09:30 Uhr

Ende
30.07.2023 - 13:00 Uhr

Ort
Universität Stuttgart, Institut für Philosophie, Seidenstraße 36

Veranstalter
Universität Stuttgart, Institut für Philosophie

E-Mail Veranstalter
christian.martin@philo.uni-stuttgart.de

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